Wir befinden uns im Jahr zwei nach dem Beinahe-Kollaps des globalen Bankensystems, der Institute aller Geschäftsfelder in die Arme des Staates getrieben hat – und nichts ist, wie es einmal war.

Das zeigt alleine ein Blick auf die Liste der weltgrößten Banken. Ganz vorne: Kein Institut aus den USA, aus Deutschland, der Schweiz oder China, auch dem stolzen London bleibt es verwehrt, den Champion zu stellen – es ist die französische Großbank BNP Paribas, die nach Assets die größte Bank der Welt darstellt. Der französische Top-Player hatte es nach der Übernahme von Fortis leichter als so mancher Mitbewerber.

Steuerhürde: Eine Hürde könnte auf die Franzosen aber noch zukommen – die Einführung einer Bankenabgabe, wie sie beispielsweise bei uns beschlossen oder in einigen mittelosteuropäischen Ländern wie Ungarn bereits eingeführt worden ist. Gegen eine solche Steuer wehrt sich Prot: „Ich kann absolut keinen Sinn darin erkennen, von uns eine Gebühr auf Kapital zu verlangen.“ Und weiter: „Man sollte solche Gebühren von Banken verlangen, deren Track-Record zwischen schlimm und erschreckend liegt. Aber nicht von uns.“ Tatsächlich ist es so, dass eine allgemeine Bankenabgabe wohl an die Kunden weitergegeben wird – eine allgemein nicht gerne gehörte Tatsache, die vom Bundesverband Deutscher Banken deutlich angesprochen wurde. Die Abgabe werde auf alle Fälle „in der einen oder anderen Form höhere Kosten für die Kunden bringen“. Ein derartiges Abwälzen funktioniert jedoch nur, wenn die Abgabe allgemein erfolgt, also alle Beteiligten davon ausgehen können, dass ihnen bei einer Anhebung von Gebühren kein Wettbewerbsnachteil entsteht, da schlicht allen Marktteilnehmern dieselben neuen anfallenden Kosten entstehen. Da aber genau dies in Deutschland ein wahrscheinlichste Szenario ist, dürften die Zusatzkosten von 1 Milliarde €, die die Banken erwarten, schlussendlich wenig ins bilanzielle Gewicht fallen.

Doch die eingangs erwähnten höheren Kapitalvorschriften, der Verbot des Eigenhandels und die Einschränkung von Bankerboni sind nicht die einzigen Hürden für den Finanzsektor. Ein Sammelsurium aus Vorschriften könnte dafür sorgen, dass etwa in bei uns 70 Prozent des Bankenüberschusses weggefressen werden – so sieht es zumindest der Bundesverband deutscher Banken.

Basel III.

An erster Stelle steht hier natürlich Basel III. Die Institute weltweit müssen demnach künftig mehr und qualitativ hochwertigeres Eigenkapital halten als bisher, um für neue Krisen gerüstet zu sein. Von 2013 bis 2019 steigen die Kapitalanforderungen im Rahmen des neuen Regelwerks auf mehr als das Dreifache. Rob McIvor, Sprecher der Association for Financial Markets in Europa, hält solche Finanzvorschriften „in der derzeitigen Form für ein eher stumpfes Instrument“. Gegner des Konzepts befürchten gar, dass die Vorschriften das genommene Risiko im Sektor sogar erhöhen könnten. Das dahinter steckende Szenario: Banken können aufgrund der restriktiven Vorgaben weniger Aktivitäten durchführen; um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen, müssen sie also das Risiko entsprechend hochfahren.

Ebenfalls umstritten sind die nach wie vor von Deutschland propagierten Finanztransaktionssteuern. Die kolportierten Sätze von 0,01 bis 0,05 Prozent je Transaktion müssten aber von allen großen Finanzplätzen übernommen werden, da es sonst zu Marktverzerrungen kommen würde. Deshalb hat eine sogenannte Finanzaktivitätssteuer zuletzt verstärkt an Anhängerschaft gewonnen. Eine derartige Abgabeverpflichtung würde auf die Gewinne und Managervergütungen der Banken durchschlagen.

Die EU-Kommission rechnet mit Einnahmen für die Mitgliedsländer von 25 Milliarden €. Bankenregulierer in Europa wollen mit dieser Gebühr und weiteren Auflagen exzessiven Bonuszahlungen einen Riegel vorschieben. Demnach wären Banken künftig verpflichtet, einen Großteil der Prämien in Aktien statt in bar auszahlen. Darüber hinaus sollen die Boni oft erst nach mehreren Jahren gezahlt werden, um die Ausrichtung an kurzfristigen Zielen zu verhindern.

Auch im Gespräch ist eine europaweit harmonisierte Haftungsgarantie zu 100.000 € je Kunde – ein Wert, der bei uns nicht erreicht ist. Fraglich ist, ob den heimischen Banken zusätzliche Kosten entstehen, da die EU-Einlagensicherung über einen Sicherungstopf finanziert wird, in den EU-weit eingezahlt werden müsste. Von der EU gibt es jedenfalls Signale, dass das bestehende System verbleiben kann.

Entgegenkommen.

Wie sehr die Bankenvertreter bereit sind, um jedmögliche Aufweichung zu kämpfen, hat jedenfalls der jüngste G-20-Gipfel in Seoul gezeigt. Die nationalen Bankenaufseher – auf die die einzelnen Institute eher Einfluss üben können als auf transnationale Einrichtungen – sollen bei der Überwachung großer Finanzinstitute mehr Spielraum bekommen als erwartet. Die Staats- und Regierungschefs der G-20 billigten bei ihrem vergangenen Treffen abgemilderte Vorschläge des Finanzstabilitätsrats (FSB) unter der Führung des italienischen Notenbankchefs Mario Draghi – der noch im Oktober gewarnt hatte, „viele Banken der Eurozone stehen schwächer da, als es ein Blick in die Bilanzen erscheinen lässt“.

Mitte 2011 soll demnach feststehen, wer zur Gruppe stark vernetzter und somit „global systemrelevanter“ Banken gehört, deren Zusammenbruch das gesamte Finanzsystem ins Wanken brächte. Den regulatorischen Rahmen für den Umgang mit diesen Instituten wollen der FSB und die Bankenaufseher im Baseler Ausschuss bis Dezember 2011 festzurren – also ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant. Um die erhöhten Kapitalanforderungen zu erfüllen, müssen die betroffenen Banken nach Vorstellungen des FSB inzwischen nicht unbedingt mehr Grundkapital oder Gewinnrücklagen vorhalten. Wie schon für die Schweizer Banken sollen für alle systemrelevanten Institute „CoCo-Bonds“ zugelassen werden. Das sind Anleihen, die bei einer Schieflage zu Eigenkapital werden.
Bei uns dürfte die Deutsche Bank zu diesem Kreis gehören.

Irlands Rettung.

Wo es auf der anderen Seite nicht nur um die Reduzierung von Ungleichgewichten und Bilanzrisiken geht, sondern ums nackte Überleben, ist der irische Bankensektor. Der Zustand dieser Institute dürfte zu Rettungsmaßnahmen führen, die den Staat nach jüngsten Schätzungen 50 Milliarden € kosten könnten. Kein Wunder, dass EZB-Vizepräsident Vitor Constancio meinte, die am Wochenende beschlossenen Hilfsgelder könnten in den irischen Bankensektor fließen: „Für diesen Zweck wären die Mittel des Europäischen Finanzstabilitätsfonds natürlich adäquat.“ Das würde jedoch auf Umwegen geschehen. Da die Mittel nicht an Private ausgezahlt werden dürfen, müssten die Gelder an den irischen Staat und dann in den Finanzsektor überwiesen werden. Die Schätzungen des Marktes liegen bei bis zu 90 Milliarden €.