Erwerbslosenquoten im internationalen Vergleich

Im Jahr 2011 stieg die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland erstmals über die 41-Millionen-Marke. Gleichzeitig sank die Zahl der Erwerbslosen nach internationaler Abgrenzung um rund 446 000 Personen auf 2,5 Millionen. Daraus resultiert eine Erwerbslosenquote von 5,7 %, mit der Deutschland auch im europäischen und internationalen Vergleich recht gut da steht. Innerhalb Europas weisen lediglich Österreich, Luxemburg und die Niederlande geringere Erwerbslosenquoten auf, während Spanien mit 22,9 % (November 2011) als Schlusslicht rangiert.

Erfreulich ist, dass der Anstieg der Erwerbstätigkeit im vergangenen Jahr überwiegend vom Aufbau voll sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung getragen wurde. Davon entfiel – zumindest in absoluter Betrachtung – ein größerer Zuwachs auf Vollzeitstellen als auf Teilzeitbeschäftigungen. Demgegenüber waren geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, also Minijobs und Ein-Eurojobs, entgegen dem bisherigen Trend insgesamt rückläufig.

Die Schattenseite: Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse
Es gibt auch Schattenseiten, die jedoch beim Blick auf die Gesamtzahlen zur Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit nicht unmittelbar sichtbar werden. Eine tiefer gehende Analyse der längerfristigen Veränderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zeigt, dass der Beschäftigungsaufbau seit der Wiedervereinigung (+2,4 Millionen Erwerbstätige bis 2011) von einem erheblichen strukturellen Wandel der Arbeitswelt begleitet war. So ist nach Ergebnissen des Mikrozensus die Zahl so genannter atypischer Beschäftigungsverhältnisse – das sind Teilzeitbeschäftigungen von weniger als 20 Wochenstunden einschließlich geringfügige Beschäftigungen, befristete Arbeitsverhältnisse und Leiharbeit – von 1991 bis 2010 um mehr als 3,5 Millionen gestiegen, während gleichzeitig die Zahl der in Normalarbeitsverhältnissen beschäftigten Erwerbstätigen um fast 3,8 Millionen sank.

Einerseits ermöglichte insbesondere die Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung einer größeren Zahl von Menschen am Erwerbsleben teilzunehmen. Doch ging der Anstieg der Erwerbstätigenzahlen nicht mit entsprechenden Zuwächsen beim Arbeitsvolumen einher. Im Vergleich zu 1991 ist das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen in 2011 sogar um fast zwei Milliarden Stunden gesunken. Ein geringeres Jahresarbeitsvolumen wurde demzufolge auf mehr Schultern verteilt.

Die Schattenseiten des strukturellen Wandels und der Arbeitsmarktsegmentierung zeigen sich insbesondere dann, wenn es sich bei den neu entstandenen Erwerbstätigkeiten um prekäre Beschäftigungsverhältnisse handelt und den Betroffenen der Weg in ein unbefristetes Normalarbeitsverhältnis auf Dauer versperrt ist. Dies belegt auch die jüngste Studie der Bundesagentur für Arbeit (BA), wonach immer mehr Menschen nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes direkt (wieder) in die Hartz-IV-Grundsicherung (ALG II) fallen, weil die zuvor ausgeübte Beschäftigung entweder zu kurz oder das erzielte Lohneinkommen zu gering war, um daraus Ansprüche an die Arbeitslosenversicherung (ALG I) abzuleiten. Dabei handelt es sich häufig um Geringqualifizierte, knapp ein Drittel war zuvor als Leiharbeitnehmer tätig.

Zeitarbeit als konjunktureller Puffer
Zeitarbeit ist ein beliebtes Instrument, um auf Schwankungen in der Auftragslage möglichst schnell und flexibel reagieren zu können. Sie dient somit als „konjunktureller Puffer“ und gilt zudem als Frühindikator der wirtschaftlichen Entwicklung. Dies bestätigte sich schon 2009, als sich die Beschäftigungsverluste in der Wirtschaftskrise zu einem großen Teil auf die Zeitarbeitsbranche konzentrierten (ca. –135 000) und mit der einsetzenden wirtschaftlichen Erholung die Zahl der Leiharbeitnehmer rasch wieder auf das Vorkrisenniveau anstieg (2010: rd. +150 000). Im Jahr 2011 dürfte die Zahl der Leiharbeitnehmer nach vorliegenden Ergebnissen weiter – um mehr als 100 000 Personen – gestiegen sein, allerdings mit einer nachlassenden Dynamik in der zweiten Jahreshälfte. Dies könnte eine zum Jahresende 2011 abflauende Konjunktur signalisieren, aber auch darauf hindeuten, dass die Zeitarbeitsbranche allmählich an die Grenzen ihres Wachstums stößt, zumal – wie etwa das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vermutet – aufgrund der verbesserten Stellensituation immer weniger Arbeitsuchende auf Zeitarbeit angewiesen sind.